Besonders der Zusammenbruch beim Absatz von DDR-Produkten bereitet Industrie und Landwandwirtschaft große finanzielle Probleme. Um die Situation umfassend zu analysieren und Gegenmaßnahmen einzuleiten, wird auf Veranlassung von Lothar de Maizière am 10. Juli 1990 der Operativstab Versorgung eingerichtet. Der Operativstab wird von Werner Jurich, einem Staatssekretär aus dem Ministerium für Handel und Versorgung, geleitet und tagt bis zum 26. September 1990 insgesamt 40 Mal. Darüber hinaus nehmen Vertreterinnen und Vertreter aus den Ministerien für Wirtschaft, Finanzen, Landwirtschaft und dem Amt für Wettbewerbsschutz an den Sitzungen teil.
Die Arbeit erfolgt auf Grundlage der Ergebnisse neu eingerichteter Kontrollgruppen des MfHT, die in Verbindung mit den Bezirksverwaltungsbehörden die Versorgungslage in vier Segmenten analysieren. Dazu gehören:
- Frischwaren
- Erzeugnisse der Lebensmittelindustrie
- Haushaltschemische Erzeugnisse
- Industriewarensortimente, z.B. Schuhe, Konfektion und Haushaltswaren
Zusätzlich erfolgt die Einrichtung eines telefonischen Konsultationsdienstes für Konsumenten sowie Handels- und Produktionsbetriebe in der DDR. Zu den zentralen Zielen des Operativstabes gehören die Verbesserung des Angebotes von Nahrungs- und Genussmitteln, die Erhöhung des Anteils von Erzeugnissen aus DDR-Produktion und die Unterbindung ungerechtfertigter Preisentwicklungen. Zudem soll der Stab Orientierungen für die Höhe von Handelsspannen herausgeben und Konsultationen mit betroffenen Produktionsbereichen durchführen. In einem ersten Analysepapier erstellt der Operativstab eine Auflistung der Problemlagen von DDR-Produkten im Handel:
- Vergleichsweise unattraktive Verpackung, schlechtere Verarbeitungsqualität, kurze Haltbarkeit und geringere Sortimentsbreite bei DDR-Produkten
- Überhöhte Herstellungskosten erzeugen unangemessene Preise
- Subventionierung von Produkten erzeugte überhöhten Verbrauch und Verschwendung
- Entflechtung des Handels und der Produktion führt zur Unterbrechung etablierter Bestell- und Lieferprozesse
- Wenig ausgeprägtes Bewusstsein für marktwirtschaftliche Prozesse; Warten auf Anweisungen anstatt Eigeninitiative
- Fehlende Lager- und Transportkapazitäten
- Eingeschränktes Ladennetz mit zu kleinen Verkaufsflächen
Die Ergebnisse der Beratungen und die daraus folgenden Handlungsanweisungen des Operativstabes werden nach jedem Treffen zusammengefasst und direkt mit dem Ministerpräsidenten abgestimmt. Nach einer etwa zweimonatigen Anpassungsphase pendeln sich die Preise bei Waren des täglichen Gebrauchs knapp unter dem Niveau der Bundesrepublik ein. Zentrales Tätigungsfeld bleibt bis September 1990 die Ursachenermittlung von Versorgungsproblemen an Hand von Analysen der Kette vom Produzenten bis zum Handel und die Zusammenführung von Produzenten und Händlern.