Deutsch-deutsche Umweltkommission

Nach dem Fall der Mauer im November 1989 wird bereits durch die Regierung Modrow die Bildung einer deutsch-deutschen Umweltkommission beschlossen. Die erste Tagung findet am 23. Februar 1990 im Bundesumweltministerium in Bonn statt. Die Kommission arbeitet auch nach der Regierungsbildung im April 1990 unter Ministerpräsident Lothar de Maizière weiter. Zu den Gesprächs- und Verhandlungspartnern auf bundesdeutscher Seite zählen vor allem Minister Klaus Töpfer und Staatssekretär Clemens Stroetmann. Auf Seiten der DDR sind ab April 1990 Minister Karl-Hermann Steinberg und Staatssekretär Winfried Pickart zuständig.

Quelle: Bundesregierung / Reineke
Klaus Töpfer, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (l.), empfängt Peter Diederich, Minister für Naturschutz, Umweltschutz und Wasserwirtschaft der DDR (r.), am 23. Februar 1990 zu einem Gespräch am Rande der ersten Sitzung der deutsch-deutschen Umweltkommission. Quelle: Bundesregierung / Reineke

In der Kommission wird über Grundsatzfragen der Umweltpolitik diskutiert und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit koordiniert. Neben einer umfassenden Analyse der Umweltbedingungen in der DDR werden geeignete Maßnahmen zum Umweltschutz erörtert und umfangreiche Finanzhilfen vereinbart. Die Gelder werden beispielsweise für den Ankauf von Messinstrumenten und Filteranlagen, die Durchführung von Studien, der Errichtung umweltfreundlicher Heizkraftwerke oder verschiedener Umweltschutzprojekte verwendet.

Die schnelle Verwirklichung einer Umweltunion wird bereits im Mai 1990 im ersten Staatsvertrag über die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion (Artikel 16) vereinbart. Dazu gehört die Angleichung der Umweltanforderungen und des Umweltrechts an bundesdeutsche Standards. Zur konkreten Ausgestaltung dieser Festlegungen bringt die bundesdeutsche Seite bei einem weiteren Treffen der Kommission im Juni 1990 ein Umweltrahmengesetz (URaG) ins Gespräch. Es soll zur Harmonisierung des Umweltrechts zwischen der DDR und der Bundesrepublik beitragen. Es wird eine gemeinsame Arbeitsgruppe gebildet, die einen von beiden Seiten getragenen Gesetzesentwurf ausarbeitet. Der Entwurf wird am 15. Juni 1990 in erster Lesung in der Volkskammer behandelt und in der zweiten Lesung am 29. Juni 1990 verabschiedet. Es tritt gemeinsam mit der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion am 1. Juli 1990 in Kraft.

Mit dem Umweltrahmengesetz (URaG) werden die Vorschriften für den Natur-, Emissions- und Strahlenschutz, die Wasser-und Abfallwirtschaft sowie das Chemikalien-und Atomrecht an den Standard der Bundesrepublik angeglichen. Aufgrund der starken Belastung von Boden, Luft und Wasser sowie der fehlenden technischen Einrichtungen zur Reduzierung der Schadstoffe und Sanierung der Umwelt, werden jedoch großzügige Übergangsfristen geschaffen. In der Regel betragen diese Anpassungsfristen mehrere Jahre und sind mit dem zuständigen EG-Kommissariat in Brüssel abgestimmt. In Bezug auf den Umgang mit Altlasten sieht das Umweltrahmengesetz zudem eine Freistellungsregelung vor. Diese besagt, dass Erwerber von Altanlagen für Schäden, die vor dem 1. Juli 1990 verursacht worden sind, von der Verantwortlichkeit freigestellt werden können. Die Regelung zur Verminderung des Haftungsrisikos ist als Anreiz für Investoren gedacht. Für die Errichtung von neuen Anlagen gelten mit dem URaG die hohen Sicherheits- und Umweltstandards der Bundesrepublik.

In Artikel 34 des Einigungsvertrages wird im August 1990 die Bedeutung des Umweltschutzes noch einmal besonders hervorgehoben. Erneut wird darin die Übernahme aller umweltrelevanten Gesetze der Bundesrepublik festgeschrieben, um sicherzustellen, dass alle neu zu bauenden Anlagen den gleichen Umweltanforderungen genügen. Für bereits bestehende Altanlagen gilt die bereits angewandte Fristenlösung.

Im Interview erinnert sich Karl-Hermann Steinberg an die Aufgaben und Arbeit in der deutsch-deutschen Umweltkomission.

Bundesstiftung Aufarbeitung, 2016

Clemens Stroetmann, 1987 bis 1995 Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, über die Ost-West-Kontakte vor 1990.

© „Von der Revolution zum Regieren", ein Projekt des Institut für angewandte Geschichte e.V., gefördert von der Bundesstiftung Aufarbeitung, 2018-2019

Aktuelle Kamera vom 6. Juni 1990 mit einem Beitrag über das Treffen des Umweltministers der DDR, Karl-Hermann Steinberg mit seinem bundesdeutschen Amtskollegen, Klaus Töpfer in Berlin.

Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv

Winfried Pickart, April bis Oktober 1990 Staatssekretär im Ministerium für Umwelt, Naturschutz, Energie und Reaktorsicherheit, zur Umweltkommision und zur Förderung von Umweltprojekten.

© "Von der Revolution zum Regieren", ein Projekt des Institut für angewandte Geschichte e.V., gefördert von der Bundesstiftung Aufarbeitung, 2018-2019

Aussprache der Fraktionen zum Umweltrahmengesetz in der zweiten Lesung in der Volkskammer am 29. Juni 1990.

Deutscher Bundestag
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