Deutsche Einheit

Die Verhandlungen über den Vertrag zur Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag) beginnen am 6. Juli 1990 in Ost-Berlin. Leiter der DDR-Delegation sind Ministerpräsident Lothar de Maizière und der Parlamentarische Staatssekretär Günther Krause. Die bundesdeutsche Delegation leitet der Bundesminister des Inneren, Wolfgang Schäuble.

Bereits am 1. Juni 1990 treffen sich Vertreter der DDR und der Bundesregierung zu gemeinsamen Vorgesprächen, um eine generelle Verständigung über Etappen und Zeitplan der Verhandlungen festzulegen. Der Plan sieht folgende Schritte vor:

  • Juni 1990: Erstellung eines ersten Arbeitspapiers für einen „Überleitungsvertrag“
  • Juni 1990: Erstes Experten-Gespräch zu Tagesordnung und Verhandlungsthemen
  • Mitte Juli 1990: Beginn der Verhandlungen
Ergebnisse der Gespräche im Bundesinnenministerium am 1. Juni 1990
Quelle: BArch, DC 20 / 6006
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Um die Verhandlungen innerhalb der DDR-Regierung vorzubereiten, führt Günther Krause umfangreiche Beratungen mit allen Ministerien durch. Mit Hilfe eines Fragenkatalogs geben alle Ressorts Einschätzungen zu ihren spezifischen Themenfeldern ab. Anhand derer erstellt die DDR-Regierung einen ersten Entwurf eines Vertrages, der als Grundlage für die Verhandlungen dienen soll.

Berlin, Gespräch zum Staatsvertrag / Bild 183-1990-0528-032. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-1990-0528-032, Fotograf: Bernd Settnik

Lothar de Maizière (2.v.r.) trifft mit Helmut Kohl (3.v.r.) am 28. Mai 1990 in Berlin zu einem Gespräch zusammen. Schwerpunkt der Unterredung sind Fragen der Ausgestaltung des Staatsvertrages. Daran nehmen von bundesdeutscher Seite Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (l.) und Kanzleramtsminister Rudolf Seiters (2.v.l.) teil. Seitens der DDR ist der Parlamentarische Staatssekretär Günter Krause (r.) anwesend.

Bundesarchiv, Bild 183-1990-0528-032, Fotograf: Bernd Settnik

Die Verhandlungsdelegationen zum Einigungsvertrag treffen sich am 1. August 1990 in Berlin. Der Leiter der DDR- Delegation, Günther Krause (l.), begrüßt den Leiter der Delegation aus der Bundesrepublik Wolfgang Schäuble.

Bundesarchiv, Bild 183-1990-0801-018, Peter Grimm

Günther Krause auf der 28. Sitzung der Volkskammer am 8. August 1990. In seiner Rede verteidigt er den Antrag der CDU/DA-Fraktion, die gesamtdeutsche Wahl und den Beitritt zur Bundesrepublik auf den 14. Oktober 1990 zu legen. Nach einer emotionalen Debatte wird der Antrag abgelehnt.

Bundesarchiv, Bild 183-1990-0808-017, Fotograf: Thomas Uhlemann

Abschließende Verhandlungsrunde zum deutsch-deutschen Einigungsvertrag im Bundesverkehrsministerium in Bonn am 20. August 1990 (2.v.l. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des Innern und Verhandlungsleiter der Bundesrepublik, 2.v.r. Günther Krause, Parlamentarischer Staatssekretär beim Ministerpräsidenten und Verhandlungsleiter der DDR).

Bundesregierung / Reineke
Berlin, Gespräch zum Staatsvertrag / Bild 183-1990-0528-032. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-1990-0528-032, Fotograf: Bernd Settnik

Lothar de Maizière (2.v.r.) trifft mit Helmut Kohl (3.v.r.) am 28. Mai 1990 in Berlin zu einem Gespräch zusammen. Schwerpunkt der Unterredung sind Fragen der Ausgestaltung des Staatsvertrages. Daran nehmen von bundesdeutscher Seite Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (l.) und Kanzleramtsminister Rudolf Seiters (2.v.l.) teil. Seitens der DDR ist der Parlamentarische Staatssekretär Günter Krause (r.) anwesend.

Bundesarchiv, Bild 183-1990-0528-032, Fotograf: Bernd Settnik

Die Verhandlungsdelegationen zum Einigungsvertrag treffen sich am 1. August 1990 in Berlin. Der Leiter der DDR- Delegation, Günther Krause (l.), begrüßt den Leiter der Delegation aus der Bundesrepublik Wolfgang Schäuble.

Bundesarchiv, Bild 183-1990-0801-018, Peter Grimm

Günther Krause auf der 28. Sitzung der Volkskammer am 8. August 1990. In seiner Rede verteidigt er den Antrag der CDU/DA-Fraktion, die gesamtdeutsche Wahl und den Beitritt zur Bundesrepublik auf den 14. Oktober 1990 zu legen. Nach einer emotionalen Debatte wird der Antrag abgelehnt.

Bundesarchiv, Bild 183-1990-0808-017, Fotograf: Thomas Uhlemann

Abschließende Verhandlungsrunde zum deutsch-deutschen Einigungsvertrag im Bundesverkehrsministerium in Bonn am 20. August 1990 (2.v.l. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des Innern und Verhandlungsleiter der Bundesrepublik, 2.v.r. Günther Krause, Parlamentarischer Staatssekretär beim Ministerpräsidenten und Verhandlungsleiter der DDR).

Bundesregierung / Reineke
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Zwei zentrale Fragen müssen zu Beginn der Verhandlungen geklärt werden:

  1. Der Zeitpunkt der ersten gesamtdeutschen Wahl
  2. Die Beitrittsmodalitäten: Staatsvertrag oder Überleitungsgesetz

Schnell einigen sich die Verhandlungspartner auf den Abschluss eines Staatsvertrages. Auf diesem Weg lassen sich die zahlreichen notwendigen Rechtsangleichungen am einfachsten vornehmen und abstimmen. Auf bundesrepublikanischer Seite gestalten sich die internen Abstimmungen schwieriger als bei der DDR-Regierung, da die zehn Bundesländer ein Mitspracherecht bei den Verhandlungen fordern.

Zur Durchführung der ersten gesamtdeutschen Wahlen schließen die DDR und die Bundesrepublik einen „Vertrag zur Vorbereitung und Durchführung der ersten gesamtdeutschen Wahl“ (Wahlvertrag) ab. Darin sind die Wahlmodalitäten, wie beispielsweise die Festlegung einer Fünf-Prozent-Sperrklausel und die Erhöhung der Mitgliederzahl des Bundestages, festgelegt. Die Wahlen sollen am 2. Dezember 1990 stattfinden.

In einer Umfrage äußern sich Passanten über ihre Erwartungen an die deutsche Einheit.

Berliner Abenschau vom 23. August 1990.

Beitrag der DDR-Fernsehsendung "Aktuelle Kamera" vom 22. Juli 1990 zu den Diskussionen in der Volkskammer um den Termin der ersten Wahl im vereinigten Deutschland.

Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv

Auf vier großen Treffen auf ministerieller Ebene werden die Bedingungen für den Einigungsvertrag verhandelt. Parallel finden auf den unteren Arbeitsebenen zahlreiche weitere Treffen statt, auf denen Detailfragen geklärt werden.

  1. Verhandlungsrunde am 6. Juli 1990 in Ost-Berlin
  2. Verhandlungsrunde zwischen dem 1. und 3. August 1990 in Ost-Berlin
  3. Verhandlungsrunde zwischen dem 20. und 23. August 1990 in Bonn
  4. Unterzeichnung des Einigungsvertrages am 31. August 1990 im Kronprinzenpalais Unter den Linden in Ost-Berlin.

Die Koalitionskrise der DDR-Regierung fällt mitten in die Verhandlungen zur deutschen Einheit. Die daraus resultierenden Rücktritte und Entlassungen mehrerer Minister erhöhen den Verhandlungsdruck. Noch bevor der Einigungsvertrag unterschrieben ist, stimmt die Volkskammer in der Nacht vom 22. auf den 23. August 1990 einem gemeinsam von den Fraktionen der CDU/DA, DSU, F.D.P. und SPD eingebrachten Beitrittsbeschluss zur Bundesrepublik zu.

Wolfgang Thierse während der Volkskammertagung am 22. August 1990. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-1990-0823-407, Fotograf: Axel Kull

Ich bin sicher, der Beitritt wird nicht Wunder bewirken, aber er sortiert die Kräfte neu […]. Im übrigen sage ich noch einmal: Wir sollten auch nicht die schwarze Illusion erwecken, daß wir unter die Räuber fallen.

Wolfgang Thierse (SPD) während der Sondersitzung der Volkskammer am 22./23. August 1990.
Quelle: Protokoll der 30. Volkskammersitzung

Dr. Hanns-Ulrich Meisel, Volkskammerabgeordneter 1990. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-1990-0709-324, Fotograf: Elke Schöps

So schnell wie möglich die deutsche Einheit und so gut wie nötig darf eben nicht heißen, die Katze im Sack zu kaufen, [...]. Das gebietet die Verantwortung, die uns unsere Wähler auferlegt haben.

Dr. Hanns-Ulrich Meisel (Bündnis 90/Die Grünen) während der Sondersitzung der Volkskammer am 22./23. August 1990.
Quelle: Protokoll der 30. Volkskammersitzung

Dr. Sabine Bergmann-Pohl in der Volkskammer, Juni 1990. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-1990-0621-416, Fotograf: Karl-Heinz Schindler

Abgegeben wurden 363 Stimmen. Davon ist keine ungültige Stimme abgegeben worden. Mit Ja haben 294 Abgeordnete gestimmt. Mit Nein haben 62 Abgeordnete gestimmt, und sieben Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten.

Dr. Sabine Bergmann-Pohl (CDU) während der Sondersitzung der Volkskammer am 22./23. August 1990.
Quelle: Protokoll der 30. Volkskammersitzung

Dr. Gregor Gysi. Quelle: Bundesstiftung Aufarbeitung, Fotobestand Klaus Mehner, Bild 89_1216_POL_SED-PDS_08

Frau Präsidentin! Das Parlament hat soeben nicht mehr und nicht weniger als den Untergang der Deutschen Demokratischen Republik zum 3. Oktober 1990 beschlossen.

Dr. Gregor Gysi (PDS) während der Sondersitzung der Volkskammer am 22./23. August 1990.
Quelle: Protokoll der 30. Volkskammersitzung

Horst Gibtner, 1990. Quelle: Historische Sammlung der Deutschen Bahn AG/Thomas Bär

Ich glaube, daß mit dieser Entscheidung eine schwere Last von unseren Schultern gewichen ist, und ich wünsche mir, daß wir in der verbleibenden Zeit zu konstruktiver Arbeit zurückkehren, frei und souverän, so wie unsere Wähler das von uns erwarten.

Damit ist ein Einigungsvertrag im Grunde nicht mehr notwendig, da das Bundesrecht in der DDR auch durch ein Überleitungsgesetz hätte in Kraft gesetzt werden können. Um eine gleichberechtige Vereinigung zu gewährleisten, werden die Verhandlungen trotzdem fortgesetzt.

Zusammenschnitt der Diskussion der Volkskammersitzung vom 22./23. August 1990 zum Beitritt zum Geltungsbereich des Grundgesetzes nach Artikel 23 GG mit Wirkung zum 3. Oktober 1990. Mit 294 Ja-Stimmen, bei 62 Nein-Stimmen und sieben Enthaltungen stimmt die Volkskammer dem Beitritt zu.

Deutscher Bundestag

Sabine Bergmann-Pohl berichtet von den Auseinandersetzungen in der Volkskammer um den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik.

Bundesstiftung Aufarbeitung, 2015

Almuth Berger, Staatssekretärin im Amt des Ministerpräsidenten und Ausländerbeauftragte des Ministerrates, zieht ein Resümee der Einheit.

© „Von der Revolution zum Regieren", ein Projekt des Institut für angewandte Geschichte e.V., gefördert von der Bundesstiftung Aufarbeitung, 2018-2019

Während Fragen der Beitrittsmodalitäten relativ schnell geklärt werden, sind andere Themenkomplexe Gegenstand intensiver Verhandlungen. Dies sind insbesondere:

  • Regelung zum Schwangerschaftsabbruch
  • Hauptstadtfrage und Regierungssitz
  • Finanzverfassung von Bund und Ländern
  • Offene Vermögensfragen
  • Übertragung des bundesdeutschen Rechtes

Besonders die Übertragung bundesdeutschen Rechtes auf das sogenannte Beitrittsgebiet erfordert eine enorme Anzahl an Ausnahmeregelungen, die in den fast 1.000 Seiten langen Anlagen des Einigungsvertrages zusammengefasst sind.

Unterschrift und Ratifizierung

Aktuelle Kamera vom 31. August 1990

Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv

Am Morgen des 31. August 1990 stimmen der DDR-Ministerrat und das Bundeskabinett dem Einigungsvertrag zu. Günther Krause und Wolfgang Schäuble unterschreiben den Vertrag.

Unterzeichnung des Einigungsvertrags 1990
Wolfgang Schäuble (l.) und Günther Krause (r.) unterzeichnen im Kronprinzenpalais in Ost-Berlin den Einigungsvertrag. Dieser regelt die Einzelheiten des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik Deutschland am 3. Oktober 1990 (M.: DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière). Quelle: Bundesregierung / Lehnartz

In den folgenden Wochen finden in der Volkskammer Nachverhandlungen statt, z.B. zum weiteren Umgang mit den Akten der Staatssicherheit. Am 20. September 1990 stimmen Volkskammer und Bundestag dem Vertrag zu. Neun Tage später tritt der Vertrag in Kraft. Auf der letzten Volkskammersitzung am 2. Oktober 1990 verabschiedet die Volkskammerpräsidentin Sabine Bergmann-Pohl die Abgeordneten mit den Worten:

„Wo immer Sie Ihr Weg hinführen mag, ein reicher Schatz an Erfahrungen wird Sie dabei begleiten, neue Herausforderungen werden sich stellen. Ich wünsche Ihnen auf diesem Weg von ganzem Herzen Glück und Erfolg. Vielen Dank.“

Mit Wirkung vom 3. Oktober 1990 vereinigen sich beide deutsche Staaten zu einem souveränen Staat. Die Teilung ist beendet und die deutsche Einheit vollzogen.

Fernsehbeitrag zur ersten Sitzung des Bundestages im Reichstag.

Berliner Abendschau, 9. Oktober 1990.

Der Leiter der DDR-Delegation bei den Verhandlungen, Günther Krause, zur Bewertung des Einigungsvertrages.

Heimatfilm GbR, 2009

Zusammenschnitt der letzten Tagung der Volkskammer am 2. Oktober 1990 im Staatsratsgebäude der DDR.

Deutscher Bundestag
Feier zur Wiedervereinigung 3. Oktober 1990 in Berlin. Quelle: Bundesregierung / Lehnartz

Aus Anlass des Tages der deutschen Einheit findet vor dem Brandenburger Tor eine Feierstunde statt. Straßenhändler nutzen die Gelegenheit zum Verkauf der zu Geschichte gewordenen Fahnen der DDR.

Bundesregierung / Lehnartz
Tag der Deutschen Einheit 1990 / Brandenburger Tor. Quelle: Bundesregierung / Lehnartz

Menschenmenge vor dem Brandenburger Tor in der Nacht zum 3. Oktober 1990.

Bundesregierung / Lehnartz

Feier zur deutschen Einheit vor dem Reichstag in Berlin in der Nacht vom 2. auf den 3. Oktober 1990.

Bundesregierung / Reineke
Feier zur Wiedervereinigung 3. Oktober 1990 in Berlin. Quelle: Bundesregierung / Lehnartz

Aus Anlass des Tages der deutschen Einheit findet vor dem Brandenburger Tor eine Feierstunde statt. Straßenhändler nutzen die Gelegenheit zum Verkauf der zu Geschichte gewordenen Fahnen der DDR.

Bundesregierung / Lehnartz
Tag der Deutschen Einheit 1990 / Brandenburger Tor. Quelle: Bundesregierung / Lehnartz

Menschenmenge vor dem Brandenburger Tor in der Nacht zum 3. Oktober 1990.

Bundesregierung / Lehnartz

Feier zur deutschen Einheit vor dem Reichstag in Berlin in der Nacht vom 2. auf den 3. Oktober 1990.

Bundesregierung / Reineke
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Der Einigungsvertrag

Zwischen Juni und August 1990 verhandeln die DDR und die Bundesrepublik über den Einigungsvertrag. Am 29. September 1990 tritt er in Kraft.

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Der Beitritt

Im Einigungsvertrag ist festgelegt, dass die DDR gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes am 3. Oktober 1990 um 0:00 Uhr der Bundesrepublik beitritt.

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