Das Bildungssystem der DDR ist darauf ausgelegt, junge Menschen zu „allseitig und harmonisch entwickelten sozialistischen Persönlichkeiten“ zu erziehen. Zu diesem Zweck wird das gesamte Bildungswesen – von der Kinderkrippe bis hin zur Hochschule – seit 1965 als einheitliches sozialistisches Bildungssystem organisiert. Diese Politik ermöglicht der SED die ideologische Einflussnahme auf allen Ebenen, was sich in Vorgaben zu Aufbau, Inhalt und Zielsetzungen niederschlägt. Die zentralistisch organisierten Strukturen stellen eine konsequente Umsetzung aller Entscheidungen der Partei- und Staatsführung bis in die untersten Ebenen sicher. Beispielsweise sind die meisten Schlüsselpositionen im Bereich der Schulen, Hochschulen und Wissenschaften mit SED-Mitgliedern besetzt. Auch der Zugang zur Erweiterten Oberschule, an der junge Menschen das Abitur ablegen können, sowie die Vergabe der Studienplätze an den Universitäten und Hochschulen werden staatlich kontrolliert. Außerdem bleibt durch die Festlegung verbindlicher Lehrpläne und Erziehungsprogramme die Gestaltung der Bildungsinhalte und -formen dem Staat vorbehalten. So können die Interessen der SED-Führung in der Bildungspolitik durchgesetzt werden.
Mit dem gesellschaftlichen Umbruch 1989 werden Forderungen nach einer Reformierung des ideologisch geprägten Bildungssystems laut. Insbesondere die Entideologisierung von Unterrichtsinhalten, die Trennung von Schule und staatlichen Jugendorganisationen sowie die Abschaffung der SED-Kaderpolitik werden als wichtige Aspekte für den Erneuerungsprozess im Bildungswesen benannt. Erste Schritte in diese Richtung leitet bereits die Modrow-Regierung Ende 1989 ein, wie z.B. die Aussetzung des Faches Wehrerziehung und die Außerkraftsetzung des Staatsbürgerkunde-Lehrplanes. Daran wird die neue, erstmals aus demokratischen Wahlen hervorgegangene DDR-Regierung im Frühjahr 1990 anknüpfen. In seiner Regierungserklärung vom 19. April 1990 bringt es Ministerpräsident Lothar de Maizière auf den Punkt:
„Ein katastrophales Erbe übernehmen wir von der SED-Herrschaft auch im Bildungswesen. (…) Es gilt, das bürokratisch-zentralistische System staatlicher Leitung zu beseitigen und zu einem ausgewogenen Verhältnis von staatlicher Verantwortung und gesellschaftlicher Initiative zu kommen.“
Zu den Hauptaufgaben im Prozess der Umgestaltung des Bildungs- und Hochschulwesens zählen: