Die Reformierung des Baurechts

In Vorbereitung der Bildung der neuen Bundesländer und mit der Verabschiedung der Kommunalverfassung, muss das Baurecht der DDR reformiert werden. Die zentralistischen Planungsstrukturen im Bauwesen sollen schrittweise aus dem Ministerium ausgegliedert und in föderale Aufsicht übergeben werden. Zur Umsetzung der Reformen werden vom Ministerium zwei Gesetzesvorhaben und eine Verordnung initiiert:

  1. Gesetzesentwurf über Bildung und Arbeitsweise der Bauaufsichtsbehörden
  2. Verordnung zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung und Investition in den Gemeinden (Bauplanungs- und Zulassungsverordnung – BauZVO)
  3. Gesetz über die Einführung der Bauordnung

Insgesamt zielt die Reformierung des Baurechts in der DDR auf eine weitgehende Anpassung an die rechtlichen Regelungen der Bundesrepublik ab. Zudem sollen die Vorhaben Rechtssicherheit für potentielle Investoren schaffen und so die Bautätigkeit in der DDR fördern.

Gesetzesentwurf über die Bildung und Arbeitsweise der Bauaufsichtsbehörden

Der Aufbau föderaler und kommunaler Bauaufsichtsbehörden sowie die Herauslösung der staatlichen Bauaufsicht aus dem Verantwortungsbereich des Ministeriums für Bauwesen, Stadtentwicklung und Wohnungswirtschaft sind die zentralen Anliegen des Gesetzesvorhabens. Um diese Zielvorgaben umzusetzen, sind folgende Maßnahmen vorgesehen:

  1. Entwicklung einer dezentralen Bauaufsicht auf den Ebenen der Kreise, kreisfreien Städte und den Stadtbezirken von Berlin. Ausgliederung der staatlichen Bauaufsicht aus dem Ministerium.
  2. Anpassung der Strukturen und Arbeitsweisen der Bauaufsichtsbehörden und Prüfungsämter für Bautechnik an die Verhältnisse in der Bundesrepublik. Neuregelungen der Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten.
  3. Das Zulassungswesen und die Festlegung technischer Baubestimmungen werden im zentralen Prüfamt für Bautechnik gebündelt, das dem Ministerium zugeordnet wird.

Der Gesetzesantrag wird auf der 21. Tagung der Volkskammer am 5. Juli 1990 erstmalig debattiert und nach kurzer Diskussion an den Ausschuss für Bauwesen, Städtebau, und Wohnungswirtschaft überwiesen. Letztendlich wird der Gesetzesentwurf aber nicht mehr von der Volkskammer beschlossen, da die Bestimmungen über die Bauaufsichtsbehörden ebenfalls Bestandteil der Bauordnung sind, die wenige Tage darauf in der Volkskammer zur Beratung vorgestellt wird.

Die Einführung der neuen Bauordnung

Nur acht Tage nach der Diskussion über die Bauaufsichtsbehörden berät die Volkskammer auf ihrer 24. Sitzung am 13. Juli 1990 zwei Gesetzesinitiativen des Ministerrates, mit denen eine neue Bauordnung (BauO) in der DDR eingeführt werden soll. Die Regelungen umfassen auch die Bildung und Arbeitsweise neuer Bauaufsichtsbehörden, so dass die zuvor eingebrachte Gesetzesinitiative nicht weiter verfolgt wird. Die zentralen Punkte der Bauordnung beinhalten:

  • Schaffung von Rechtssicherheit für die Kommunen bei der Genehmigung von Bauvorhaben
  • Regelung der materiellen Anforderungen an neue Bauvorhaben
  • Festlegung technischer Normen bei Neubauten
  • Regelung der Verantwortlichkeiten der am Bau Beteiligten
  • Einführung bauaufsichtlicher Genehmigungsverfahren

Auf der 24. Sitzung der Volkskammer am 13. Juli 1990 begründet Franz-Josef Glotzbach das Gesetz über die Bauordnung (BauO).

Deutscher Bundestag

Entsprechend dem Grundgesetz der Bundesrepublik fällt die Zuständigkeit über die Umsetzung und rechtliche Überwachung der Bauordnung in den Verantwortungsbereich der Bundesländer, die zu diesem Zeitpunkt in der DDR noch in der Gründung begriffen sind. Die Bauordnung zielt also vor allem auf die administrative Vorbereitung der Länder ab, die spätestens nach den ersten Landtagswahlen die oberste Bauaufsicht übernehmen müssen.

Die Bauplanungs- und Zulassungsverordnung (BauZVO)

Mit der Bauplanungs- und Zulassungsverordnung (BauZVO) erlässt der Ministerrat am 20. Juni 1990 Regelungen, mit denen eine geordnete städtebauliche Entwicklung und Investitionstätigkeit in den Gemeinden der DDR gewährleistet werden soll. Entsprechend den Bestimmungen der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion schafft die BauZVO eine Rechtsgrundlage, die dem Baugesetzbuch der Bundesrepublik entspricht. Zentrale Punkte der BauZVO umfassen:

  • Rechtliche Grundlagen für die städtebauliche Planung
  • Regelungen zur Zulassung von Bauvorhaben
  • Leitlinien für die städtebauliche Sanierung
  • Festlegung von demokratischen Planungsprozessen

Mit dem Vorhaben- und Erschließungsplan (§ 55 der BauZVO) wird zudem ein neues baurechtliches Instrument eingeführt. Ausschlaggebend für die Entwicklung der neuen Regelungen sind die gering ausgeprägten Verwaltungsstrukturen und die fehlenden finanziellen Mittel in den Kommunen bzw. den neuen Ländern. Auf Grund dieser Umstände soll die Beteiligung privater Planungs- und Finanzierungsträger an städtischen Bauvorhaben erleichtert werden, um die kommunalen Verwaltungen zu entlasten und um einen Planungs- und Investitionsstau zu vermeiden.
Die Neuregelungen und Anpassungen der BauZVO werden fast zeitgleich mit der Erklärung zur Regelung offener Vermögensfragen beschlossen. Beide Maßnahmen zielen auf die Förderung von privatwirtschaftlichen Investitionen ab, die in hohem Maße von Rechtssicherheit abhängen. In den folgenden Jahren erweist sich der Vorhaben- und Erschließungsplan als außerordentlich erfolgreiches Mittel zur Beschleunigung von Bau- und Investitionsvorhaben in den neuen Bundesländern. Zudem können die Defizite der kommunalen Planungsbehörden aufgefangen werden. Mit dem 1993 beschlossenen Investitionserleichterungs- und Maßnahmegesetz wird der Wirkungsbereich des Vorhaben- und Erschließungsplans auch auf die alten Bundesländer ausgeweitet.

Axel Viehweger erklärt die Bedeutung der Reformierung der Bau- und Zulassungsverordnung.

Bundesstiftung Aufarbeitung, 2015.

Gesetzestext und Anlagen der Bauplanungs- und Zulassungsverordnung (BauZVO) vom 30. Juli 1990.

Quelle: Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 45, S. 739-761 (Auszug
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