Nationalparks – das „Tafelsilber der deutschen Einheit“

Erste konkrete Initiativen für die Schaffung von großflächigen Naturschutzgebieten bzw. Nationalparks auf dem Gebiet der DDR entstehen während der Umbruchszeit 1989/90. Im Januar 1990 wird in der Regierung Modrow der Naturschutz in das bestehende Ministerium für Umweltschutz und Wasserwirtschaft eingegliedert und Prof. Dr. Michael Succow zum stellvertretenden Minister berufen. Dieser stellt Anfang Februar 1990 am Zentralen Runden Tisch in Ost-Berlin ein erstes Nationalparkprogramm vor, das überaus positiv aufgenommen und der Regierung Modrow zur Umsetzung empfohlen wird. Tatsächlich bestätigt der Ministerrat noch zwei Tage vor den Volkskammerwahlen am 16. März 1990 eine Beschlussvorlage für das Nationalparkprogramm, das die Sicherung von 23 Gebieten als Nationalparks, Biosphärenreservate oder Naturschutzparks vorsieht. Auf dieser Grundlage wird mit dem Aufbau der nötigen Verwaltungsstrukturen für die Naturschutzgebiete begonnen. Die neue Regierung unter Ministerpräsident Lothar de Maizière lässt die Arbeiten am Nationalparkprogramm fortführen. Prof. Succow ist mit einem Arbeitsstab von 40 Personen in der Abteilung Naturschutz des MUNER weiterhin für die Ausarbeitung des Programms und die Vorbereitung der notwendigen Gesetzesvorlagen verantwortlich. Im Mai 1990 erhält die Arbeitsgruppe zudem personelle Unterstützung aus dem Bundesumweltministerium, vor allem bei der Rechtsberatung. Außerdem wird das Institut für Landschaftsforschung und Naturschutz (ILN) in Greifswald mit der Ausarbeitung der wissenschaftlichen Grundlagen für die endgültige Unterschutzstellung der vorgesehenen Gebiete beauftragt.

Konzept Nationalparkprogramm vom 30.03.1990. Quelle: BArch, DK 5/6234
Konzept

Konzeptpapier „Nationalparkprogramm der DDR als Baustein für ein europäisches Haus“ vom 30. März 1990.

Quelle: BArch, DK 5/6234
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Mit dem am 1. Juli 1990 in Kraft tretenden Umweltrahmengesetz (URaG) werden in Artikel 6 „Naturschutz und Landschaftspflege“ einige Regelungen zum Nationalparkprogramm festgehalten. Dort heißt es,

  • in § 5.2, dass die im Ministerratsbeschluss vom 16. März 1990 benannten 23 Gebiete weiterhin als „einstweilig gesichert“ gelten;
  • in § 6.1, dass der Ministerrat festlegt, welche Gebiete als Nationalparks, Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete von zentraler Bedeutung sind;
  • in § 6.2, dass für die einstweilige Sicherung sowie Regelung über die Einrichtung und Tätigkeit der Verwaltung für die vorgenannten Gebiete der Umweltminister zuständig ist.

Unter hohem Zeitdruck müssen im MUNER nun die notwendigen Verordnungen für die Naturschutzgebiete ausgearbeitet und mit anderen Ministerien abgestimmt werden. Da die Fertigstellung aller Schutzgebietsverordnungen bis zur Unterzeichnung des Einigungsvertrages am 31. August 1990 nicht gelingt, findet sich das Nationalparkprogramm darin nicht wieder. Erst am 12. September 1990 bestätigt der Ministerrat den „Beschluß zu den Verordnungen über die Festsetzung von Nationalparks sowie von Naturschutzgebieten und Landschaftsschutzgebieten von zentraler Bedeutung als Biosphärenreservate und Naturparks“. Durch den Beschluss werden insgesamt 14 Gebiete gesichert, davon fünf als Nationalpark, sechs als Biosphärenreservat und drei als Naturpark. Die vom Ministerrat beschlossenen Verordnungen zum Nationalparkprogramm finden schließlich Eingang in die Zusatzvereinbarung zum Einigungsvertrag, die am 18. September 1990 unterzeichnet wird. Die neuen Naturschutzgebiete umfassen insgesamt eine Fläche von ca. 4.800 km². Bundesminister Klaus Töpfer bezeichnet die Nationalparks später als das „Tafelsilber der deutschen Einheit“.

Nationalparke

  • Vorpommersche Boddenlandschaft (ehemaliges Grenz- und Staatsjagdgebiet)
  • Jasmund
  • Müritz-Nationalpark (ehemaliges Staatsjagdgebiet und Truppenübungsplatz)
  • Hochharz (ehemaliges Grenzgebiet)
  • Sächsische Schweiz

Biosphärenreservate

  • Südost-Rügen
  • Schorfheide-Chorin (ehemaliges Staatsjagdgebiet und Truppenübungsplatz)
  • Spreewald
  • Mittlere Elbe
  • Vessertal
  • Rhön

Naturparke

  • Schaalsee (ehemaliges Grenzgebiet)
  • Drömling
  • Märkische Schweiz

Karl-Hermann Steinberg schildert im Interview die Bemühungen, Naturschutzgebiete einzurichten und erinnert sich an die Akteure des Nationalparkprogramms.

Bundesstiftung Aufarbeitung, 2016

Klaus Töpfer, ehemaliger Bundesumweltminister, erinnert sich an die Einrichtung der Großschutzgebiete auf DDR-Gebiet - das "Tafelsilber der Deutschen Einheit".

Bundesstiftung Aufarbeitung, 2015

Beitrag über Naturschutzgebiete an der innerdeutschen Grenze in der Sendung Ozon vom 27. August 1990.

Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv

Klaus Reichenbach zur Einrichtung der Nationalparks.

Heimatfilm GbR, 2009
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Hinweis

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