Die ökologischen Probleme, mit denen sich die Regierung de Maizière im Frühjahr 1990 konfrontiert sieht, sind verheerend. Auch für die Bevölkerung der DDR sind die Umweltbelastungen fast überall wahrnehmbar. Besonders gravierend ist die Luftverschmutzung durch Schwefeldioxid und Kohlendioxid, die durch die Verbrennung von Braunkohle entsteht. Die Braunkohle ist der größte Energieträger in der DDR, doch die Kraftwerke sind veraltet; es fehlt an Entschwefelungsanlagen. Die Belastung ist so stark, dass viele Menschen in den betroffenen Regionen, z.B. rund um die Industriezentren Leipzig, Halle, Karl-Marx-Stadt und Dresden, überdurchschnittlich oft an Atemwegserkrankungen und Ekzemen leiden. Der „Industrienebel“ sorgt regelmäßig für Smog-Alarm in Städten und Dörfern und hinterlässt Staubschichten auf Autos, Fensterbänken und zum Trocknen im Freien aufgehängter Wäsche.
Auch die Gewässer sind hochgradig belastet. Die chemische Industrie leitet ihre Abwässer ungeklärt und schadstoffbelastet in die Flüsse und Seen ein. Der in der DDR häufig kolportierte Witz „In der DDR ist alles grau, außer den Flüssen“ spiegelt dies wieder. Der „Silbersee“ bei Bitterfeld/Wolfen gilt als Synonym für eine besonders drastische Gewässerverschmutzung. Das ehemalige Tagebauloch dient der Filmfabrik Wolfen als Abwassergrube, in das Schlämme und Abfälle eingebracht werden. Die schwermetallverseuchte Schlammschicht beträgt 1990 an einigen Stellen bis zu 12 Meter. Zur Verschmutzung der Gewässer tragen aber nicht nur Industrieabwässer, sondern auch die großzügig eingesetzten Düngemittel aus der landwirtschaftlichen Produktion bei. Insgesamt sind viele Flüsse und Seen in der DDR 1990 ökologisch völlig zerstört.
Auf vielfältige Weise ist auch der Boden mit Schadstoffen belastet, sei es durch die intensive Landwirtschaft bzw. Massentierhaltung oder die unsachgemäße Ablagerung giftiger Industrie- und Siedlungsabfälle auf „wilden“ Mülldeponien. Weitere Probleme treten durch die militärische Nutzung von großen Flächen auf, wie zum Beispiel beim Militärflugplatz in Lärz, der durch die Westgruppe der sowjetischen Streitkräfte genutzt wird. Dort wird bereits im März 1990 eine erhebliche Kontamination des Erdreichs mit Kerosin festgestellt, die eine ernsthafte Gefahr für das Grundwasser und die damit verbundene Trinkwasserversorgung darstellt.