Das Ende der Kernkraftwerke

Die Nutzung der Kernenergie beginnt in der DDR 1957 mit der Einweihung eines kleinen Forschungsreaktors im damaligen Zentralinstitut für Kernphysik in Rossendorf bei Dresden. Er dient der Grundlagenforschung. Das erste Kernkraftwerk (KKW), das für die kommerzielle Energieerzeugung genutzt wird, geht etwa zehn Jahre später in Rheinsberg in Betrieb. Ein zweites, weitaus leistungsstärkeres Kernkraftwerk gibt es ab 1973 in Greifswald. Mit dem Kernkraftwerk ‚Bruno Leuschner‘ in Greifswald (KKW Nord) werden ca. 10 % des Energiebedarfs der DDR durch Atomkraft gedeckt. Ein drittes KKW wird seit 1982 in der Nähe von Stendal gebaut, jedoch aufgrund der gesellschaftlich-politischen Umbrüche 1989/90 nie fertiggestellt.

Von Beginn an gibt es technische Schwierigkeiten und Sicherheitsprobleme im Kernkraftwerk ‚Bruno Leuschner‘. Aufgrund wiederholter Störfälle wird es im Frühjahr 1990 vom Staatlichen Amt für Atomsicherheit und Strahlenschutz (SAAS) der DDR sowie der Gesellschaft für Reaktorsicherheit in der Bundesrepublik Deutschland einer umfassenden sicherheitstechnischen Prüfung unterzogen. Bei den Untersuchungen treten zahlreiche Sicherheits- und Konstruktionsmängel zu Tage. Daneben werden mehrere Verstöße gegen Betriebsvorschriften und den Strahlenschutz registriert. Ohne die Beseitigung der Sicherheitsdefizite sowie eine erforderliche Nachrüstung des KKW kann jedoch der erforderliche Sicherheitsstandard nach dem Atomgesetz der Bundesrepublik nicht erfüllt werden. Ein Weiterbetrieb ist dadurch ausgeschlossen. Die notwendigen Investitionen kann das MUNER nicht aufbringen und auch für einen potentiellen neuen Betreiber nach der Privatisierung des VE Kombinat Kernkraftwerke ist die Ausgangslage wenig lukrativ. Unter den gegebenen Bedingungen entscheidet sich Umweltminister Steinberg daher für die zügige Abschaltung der Blöcke zwei bis vier. Block eins soll noch befristet bis Dezember 1990 weiter laufen. Der Probebetrieb von Block fünf war bereits 1989 eingestellt worden. Der Weiterbau der Blöcke sechs bis acht wird gestoppt.

Auch das KKW Rheinsberg wird im Juni 1990 vom Netz genommen. Grund dafür ist die jährliche planmäßig anstehende Umlade- und Revisionsperiode. Da die sowjetische Technologie auch in diesem Kraftwerk starke Mängel aufweist und nicht den Sicherheitsanforderungen des bundesdeutschen Atomgesetzes entspricht, ordnet das Strahlenschutzamt SAAS im September 1990 an, den Reaktor bis auf Weiteres nicht wieder anzufahren. Damit erfolgt die Stilllegung vorfristig, da ursprünglich geplant war, das KKW 1992 außer Betrieb zu setzen.

Karl-Hermann Steinberg berichtet von der Lage im Kernkraftwerk Greifswald und der Entscheidung, dieses Kraftwerk zum 1. Juni 1990 stillzulegen.

Heimatfilm GbR, 2009

Der ehemalige Bundesumweltminister Klaus Töpfer erläutert im Interview, aus welchen Gründen die Kernkraftwerke der DDR 1990 abgeschaltet worden sind.

Bundesstiftung Aufarbeitung, 2015

Das Kernkraftwerk ‚Bruno Leuschner‘ erzeugt nicht nur Strom, sondern versorgt auch die Stadt Greifswald mit Wärme. Mit der Entscheidung es abzuschalten, muss daher eine Ersatzversorgung mit Wärme und Energie für die Bevölkerung, öffentliche Einrichtungen und Betriebe auf anderem Wege sichergestellt werden. Zu diesem Zweck wird ein neues Heizkraftwerk auf Ölbasis errichtet. Der Bau des Ersatzheizkraftwerkes in unmittelbarer Nähe zum KKW wird mit erheblicher finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) realisiert. An der Grundsteinlegung im Juli 1990 nimmt daher nicht nur der Umweltminister der DDR, Karl-Hermann Steinberg, sondern auch der Staatssekretär aus dem BMU, Clemens Stroetmann, teil. Im November 1990 wird das neue Heizkraftwerk stufenweise in Betrieb genommen und arbeitet im Dezember 1990 auf voller Leistung.

Clemens Stroetmann, 1987 bis 1995 Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, über seine Besuche in DDR-Kernkraftwerken.

© „Von der Revolution zum Regieren", ein Projekt des Institut für angewandte Geschichte e.V., gefördert von der Bundesstiftung Aufarbeitung, 2018-2019

Bundesarchiv, Bild 183-1990-0205-017, Fotograf: Peer Grimm

Bereits im Februar 1990 sind die Sicherheitsmängel des KKW Greifswald Thema beim 11. Rundtischgespräch in Ost-Berlin. Vor dem Beratungszentrum in Niederschönhausen fordern Demonstranten „Greifswald abschalten“.

Bundesarchiv, Bild 183-1990-0205-017, Fotograf: Peer Grimm
Grundsteinlegung Ersatzwärmekraftwerk in Greifswald. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-1990-0728-008, Fotograf: Jens Köhler

Mit drei Hammerschlägen besiegelt der Minister für Umwelt, Naturschutz, Energie und Reaktorsicherheit, Karl-Hermann Steinberg, am 28. Juli 1990 die Grundsteinlegung für das Ersatzwärmekraftwerk neben dem KKW Greifswald in Lubmin.

Bundesarchiv, Bild 183-1990-0728-008, Fotograf: Jens Köhler
Bauschild vor dem Kernraftwerk Greifswald-Lubmin, fotografiert am 16. Juni 1990. Darauf steht: „Hier entsteht die Ersatzwärmeversorgung Greifswald mit Unterstützung des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit der Bundesrepublik Deutschland“. Quelle: Bundesregierung/Klaus Lehnartz

Bauschild vor dem Kernraftwerk Greifswald-Lubmin, fotografiert am 16. Juni 1990. Darauf steht: „Hier entsteht die Ersatzwärmeversorgung Greifswald mit Unterstützung des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit der Bundesrepublik Deutschland“.

Bundesregierung/Klaus Lehnartz
Baustelle des Kernkraftwerks Stendal. Quelle: Bundesstiftung Aufarbeitung, Fotobestand Klaus Mehner, 88_1013_WIF_AKW_04

In den 1980er Jahren wird mit dem Bau eines dritten Kernkraftwerks in Niedergörne bei Stendal (Bezirk Magdeburg) begonnen. Im Bild: Die Baustelle am linken Elbe-Ufer am 13. Oktober 1988. Der Bau wird nie fertiggestellt.

Bundesstiftung Aufarbeitung, Fotobestand Klaus Mehner, 88_1013_WIF_AKW_04
Fässer mit radioaktivem Abfall im Salzstock. Quelle: Bundesstiftung Aufarbeitung, Fotobestand Klaus Mehner, 90_0814_WIF_Atom_04

Im ehemaligen Kali- und Steinsalzbergwerk bei Morsleben (Bezirk Magdeburg) hat die DDR ein atomares Endlager für niedrig- und mittelradioaktiven Abfälle eingerichtet. Der Atommüll stammt vorwiegend aus den Kernkraftwerken Greifswald und Rheinsberg sowie aus dem Forschungsreaktor Rossendorf. Auf dem Foto vom 14. August 1990 sind Fässer mit strahlenden Abfällen im Salzstock zu sehen.

Bundesstiftung Aufarbeitung, Fotobestand Klaus Mehner, 90_0814_WIF_Atom_04
Radioaktive Altlasten der SDAG Wismut. Quelle: Bundesstiftung Aufarbeitung, Fotobestand Klaus Mehner, 91_0708_WIF_UranA_05

Auch im Uranbergbau bei der Sowjetisch-Deutschen Aktiengesellschaft (SDAG) Wismut haben sich über Jahrzehnte radioaktive Altlasten angesammelt. Trotzdem unterliegt die als Bergbauunternehmen geführte Wismut AG nicht der atomrechtlichen Aufsicht. Die Beseitigung der strahlenden Abfälle kostet Milliarden. Der im Trennprozess abgeschiedene Schlamm wird in Tagebaue gepumpt und endgelagert. Das Foto ist am 8. Juli 1991 in Seelingstädt (Thüringen) entstanden.

Bundesstiftung Aufarbeitung, Fotobestand Klaus Mehner, 91_0708_WIF_UranA_05
Bundesarchiv, Bild 183-1990-0205-017, Fotograf: Peer Grimm

Bereits im Februar 1990 sind die Sicherheitsmängel des KKW Greifswald Thema beim 11. Rundtischgespräch in Ost-Berlin. Vor dem Beratungszentrum in Niederschönhausen fordern Demonstranten „Greifswald abschalten“.

Bundesarchiv, Bild 183-1990-0205-017, Fotograf: Peer Grimm
Grundsteinlegung Ersatzwärmekraftwerk in Greifswald. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-1990-0728-008, Fotograf: Jens Köhler

Mit drei Hammerschlägen besiegelt der Minister für Umwelt, Naturschutz, Energie und Reaktorsicherheit, Karl-Hermann Steinberg, am 28. Juli 1990 die Grundsteinlegung für das Ersatzwärmekraftwerk neben dem KKW Greifswald in Lubmin.

Bundesarchiv, Bild 183-1990-0728-008, Fotograf: Jens Köhler
Bauschild vor dem Kernraftwerk Greifswald-Lubmin, fotografiert am 16. Juni 1990. Darauf steht: „Hier entsteht die Ersatzwärmeversorgung Greifswald mit Unterstützung des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit der Bundesrepublik Deutschland“. Quelle: Bundesregierung/Klaus Lehnartz

Bauschild vor dem Kernraftwerk Greifswald-Lubmin, fotografiert am 16. Juni 1990. Darauf steht: „Hier entsteht die Ersatzwärmeversorgung Greifswald mit Unterstützung des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit der Bundesrepublik Deutschland“.

Bundesregierung/Klaus Lehnartz
Baustelle des Kernkraftwerks Stendal. Quelle: Bundesstiftung Aufarbeitung, Fotobestand Klaus Mehner, 88_1013_WIF_AKW_04

In den 1980er Jahren wird mit dem Bau eines dritten Kernkraftwerks in Niedergörne bei Stendal (Bezirk Magdeburg) begonnen. Im Bild: Die Baustelle am linken Elbe-Ufer am 13. Oktober 1988. Der Bau wird nie fertiggestellt.

Bundesstiftung Aufarbeitung, Fotobestand Klaus Mehner, 88_1013_WIF_AKW_04
Fässer mit radioaktivem Abfall im Salzstock. Quelle: Bundesstiftung Aufarbeitung, Fotobestand Klaus Mehner, 90_0814_WIF_Atom_04

Im ehemaligen Kali- und Steinsalzbergwerk bei Morsleben (Bezirk Magdeburg) hat die DDR ein atomares Endlager für niedrig- und mittelradioaktiven Abfälle eingerichtet. Der Atommüll stammt vorwiegend aus den Kernkraftwerken Greifswald und Rheinsberg sowie aus dem Forschungsreaktor Rossendorf. Auf dem Foto vom 14. August 1990 sind Fässer mit strahlenden Abfällen im Salzstock zu sehen.

Bundesstiftung Aufarbeitung, Fotobestand Klaus Mehner, 90_0814_WIF_Atom_04
Radioaktive Altlasten der SDAG Wismut. Quelle: Bundesstiftung Aufarbeitung, Fotobestand Klaus Mehner, 91_0708_WIF_UranA_05

Auch im Uranbergbau bei der Sowjetisch-Deutschen Aktiengesellschaft (SDAG) Wismut haben sich über Jahrzehnte radioaktive Altlasten angesammelt. Trotzdem unterliegt die als Bergbauunternehmen geführte Wismut AG nicht der atomrechtlichen Aufsicht. Die Beseitigung der strahlenden Abfälle kostet Milliarden. Der im Trennprozess abgeschiedene Schlamm wird in Tagebaue gepumpt und endgelagert. Das Foto ist am 8. Juli 1991 in Seelingstädt (Thüringen) entstanden.

Bundesstiftung Aufarbeitung, Fotobestand Klaus Mehner, 91_0708_WIF_UranA_05
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