Ministerium der Justiz

In der kurzen Zeit zwischen April und Oktober 1990 steht das Ministerium der Justiz (MdJ) vor der Herausforderung, die bislang von der SED gelenkte Rechtsprechung der DDR zu demokratisieren und auf die Wiedervereinigung vorzubereiten. Zahllose neue Gesetze müssen ausgearbeitet, geändert bzw. fachlich geprüft werden. Hinzu kommen Anordnungen und Durchführungsbestimmungen, die durch das MdJ erlassen werden. Ebenso liegt die juristische Vorbereitung des Einigungsvertrages federführend im Ministerium der Justiz. Hier stellen insbesondere die Klärung von Grundsatzfragen zur Rechtsangleichung und die Gültigkeit des Bundesrechts in den neu zu schaffenden Ländern die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des MdJ vor große Probleme. Auch das Justizsystem selbst wird reorganisiert. Die bestehenden zentralistischen Strukturen werden aufgelöst und die neu eingerichteten Länder erhalten nach dem Vorbild der Bundesrepublik eigene Gerichtsbarkeiten.
Das Ministerium der Justiz hat seinen Sitz in der Clara-Zetkin-Straße (heute: Dorotheenstraße) in Berlin.

Als Minister für Justiz wird Professor Kurt Wünsche ins Kabinett de Maizière berufen. Diese Entscheidung wird für die demokratisch gewählte Regierung zur Belastungsprobe. Wünsche war bereits unter Walter Ulbricht sowie in der Übergangsregierung Modrow als Justizminister tätig. Insbesondere während seiner ersten Amtszeit von 1967 bis 1972 ist er für die Verschärfung des politischen Strafrechts in der DDR mitverantwortlich gewesen. Im Sommer 1990 mehren sich deshalb Rücktrittsforderungen. Als auch der Rückhalt in seiner Partei, dem Bund Freier Demokraten, schwindet, tritt er im Juli 1990 aus der Partei aus. Am 16. August legt Kurt Wünsche auch sein Amt als Justizminister nieder. Bis zur Auflösung des MdJ am 2. Oktober übernimmt Staatssekretär Manfred Walther geschäftsführend das Amt. Die Aufgaben des MdJ werden mit der Wiedervereinigung durch das Bundesministerium der Justiz und die Justizministerien der Länder übernommen.

Eine Fernsehsendung berichtet von einem Hungerstreik vor dem DDR-Justizministerium, mit dem Kurt Wünsche zum Rücktritt gezwungen werden soll.

Berliner Abendschau, 11. August 1990.

Im Interview berichtet Manfred Walther über die Zusammenarbeit mit Justizminister Kurt Wünsche und den (alten) Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums.

Bundesstiftung Aufarbeitung, 2015

Im Interview erinnert sich Manfred Walther an den historischen Tag der Wiedervereinigung, den 3. Oktober 1990 und seinen Abschied aus dem Justizministerium.

Bundesstiftung Aufarbeitung, 2015

Reinhard Nissel, Staatssekretär im Ministerium der Justiz, zur Zusammenarbeit mit bundesdeutschen Partnern.

© "Von der Revolution zum Regieren", ein Projekt des Institut für angewandte Geschichte e.V., gefördert von der Bundesstiftung Aufarbeitung, 2018-2019

Ministerbiografie

Justizminister: Prof. Dr. Kurt Wünsche (*1929)

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Staatssekretäre

Die Staatssekretäre im Ministerium für Justiz: Reinhard Nissel, Manfred Walther und Rolf Schwanitz.

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Die Reformierung des Justizwesens

Die Justiz in der DDR ist bis 1989 eine wichtige Stütze der SED-Diktatur.

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Abschaffung des politischen Strafrechts

Eine der wichtigsten Forderungen der Friedlichen Revolution ist die juristische und moralische Rehabilitierung von Opfern der SED-Diktatur

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