Auf dem Weg zur ersten freien Wahl

Schon früh setzen sich westdeutsche Parteien für Kooperationen mit oppositionellen Gruppen und später auch mit den ehemaligen Blockparteien in der DDR ein. Da sowohl der Regierung Modrow als auch dem Zentralen Runden Tisch jegliche demokratische Legitimation fehlt, werden Neuwahlen vereinbart. Als Termin für die Volkskammerwahl wird zunächst der 6. Mai 1990 festgesetzt.

Aufgrund der anhaltenden massenhaften Abwanderung von DDR-Bürgerinnen und -Bürgern, der stetig prekärer werdenden Wirtschaftslage und politischer Instabilität verständigen sich die Regierung Modrow und der Zentrale Runde Tisch auf eine Vorverlegung des Wahltermins auf den 18. März 1990.

Hans Geisler, parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für Familie und Frauen, zur Kandidatur VK-Wahl.

© "Von der Revolution zum Regieren", ein Projekt des Institut für angewandte Geschichte e.V., gefördert von der Bundesstiftung Aufarbeitung, 2018-2019

Ein ungleicher Wahlkampf

Schnell gründen sich Wahlbündnisse. Die CDU-Ost, die Deutsche Soziale Union (DSU) und der Demokratische Aufbruch (DA) schließen sich zur „Allianz für Deutschland“ zusammen. Im Bund Freier Demokraten (BFD) versammeln sich die liberalen Parteien der DDR. Beide setzen sich für eine rasche Vereinigung ein.

Manfred Becker, ehemaliger Staatssekretär im Ministerium für Medienpolitik, erinnert sich an die Situation um die Volkskammerwahl.

© „Von der Revolution zum Regieren", ein Projekt des Institut für angewandte Geschichte e.V., gefördert von der Bundesstiftung Aufarbeitung, 2018-2019

Das Wahlprogramm der SPD-Ost zielt ebenfalls auf die Einleitung der ersten Schritte zur deutschen Einheit ab. Aus dem Zusammenschluss der Bürgerrechtsbewegungen „Neues Forum“, „Initiative Frieden und Menschenrechte“ sowie „Demokratie Jetzt“ entsteht das „Bündnis 90“. Im Wahlkampf tritt das Bündnis für eine wechselseitige Anpassung von Ost und West ein und fordert eine behutsame Vereinigung. Die PDS hingegen wirbt für die Bildung einer konföderativen Struktur, bei der die Eigenstaatlichkeit von Bundesrepublik und DDR gewahrt werden soll. Während einige der neu gegründeten Parteien massiv von ihren Partnern in der Bundesrepublik unterstützt werden, kann die PDS auf ihre alten Organisationsstrukturen zurückgreifen. Die ursprünglichen Gruppen der Oppositionsbewegung haben im Wahlkampf hingegen eine eher schwache Position. Sie bekommen nur geringe Unterstützung aus dem Westen und verfügen nicht über die nötigen finanziellen, materiellen und personellen Ressourcen ihrer Mitbewerber.

Der nur siebenwöchige Wahlkampf ist geprägt von zahlreichen Besuchen westlicher Politikerinnen und Politiker in der DDR.

Bekanntmachung der Wahlkommission der DDR zur Volkskammerwahl 1990.

Bibliothek Bundesstiftung Aufarbeitung, Plakat 60053

Insgesamt treten 24 Parteien, Listenverbindungen und politische Vereinigungen zur Wahl an.
Collage aus Flugblättern.

Bibliothek Bundesstiftung Aufarbeitung
Berlin, Volkskammerwahl, Druck SPD-Wahlplakate. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-1990-0221-016, Fotograf: Hubert Link

Das Druckkombinat Berlin in der Reinhold-Huhn-Straße steht allen Parteien und Bewegungen zur Herstellung von Werbematerial offen.

Bundesarchiv, Bild 183-1990-0221-016, Fotograf: Hubert Link
Neubrandenburg, Volkskammerwahl, Bau Wahlkabinen. Quelle: Bild 183-1990-0308-001, Fotograf: Benno Bartocha

Im Vorfeld der Wahlen gehen bei den Handwerksbetrieben massenweise Bestellungen für Wahlkabinen ein. In einem kleinen Betrieb in Lychen (Kreis Templin) werden über 200 Wahlkabinen angefordert. Trotz unermüdlicher Arbeit können die 13 Mitarbeiter nicht alle Bestellungen realisieren.

Bundesarchiv, Bild 183-1990-0308-001, Fotograf: Benno Bartocha

Von 12.426.443 Wahlberechtigten in der DDR und Ost-Berlin geben 11.604.418 ihre Stimme ab. Davon sind 11.541.55 Stimmen gültig. Das entspricht einer Wahlbeteiligung von 93,4 %.

Bundesregierung/Lehnartz

Stimmabgabe am 18. März 1990 in einem Wahllokal im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg.

Bundesregierung/Lehnartz
Berlin, Volkskammerwahl, Stimmauszählung. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-1990-0318-038, Fotograf: Thomas Uhlemann

Die Stimmauszählung am 18. März 1990 findet wie überall auch im Wahllokal Berlin Mitte (Stimmbezirk 029) öffentlich statt. An dem historischen Akt in der Volksbühne nehmen auch zwei Vertreter des Europäischen Parlaments teil.

Bundesarchiv, Bild 183-1990-0318-038, Fotograf: Thomas Uhlemann
Berlin, Volkskammerwahl, Wahlzentrum. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-1990-0318-037, Fotograf: Bernd Settnik

Im Wahlzentrum, das im Palast der Republik seinen Sitz hat, haben sich mehr als 2.400 Journalistinnen und Journalisten versammelt. 50 Fernsehstationen aus aller Welt übertragen das Geschehen bei den ersten freien Wahlen am 18. März 1990 in der DDR.

Bundesarchiv, Bild 183-1990-0318-037, Fotograf: Bernd Settnik
Berlin, Volkskammerwahl, Lothar de Maizière. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-1990-0318-046, Fotograf: Klaus Oberst

Nach den ersten Hochrechnungen am Abend des 18. März 1990 ist klar, dass die „Allianz für Deutschland“ als Sieger aus der Wahl hervorgeht. Spitzenkandidat und Vorsitzender der CDU, Lothar de Maizière, hält die Finger zum Victory-Zeichen ("V") gespreizt.

Bundesarchiv, Bild 183-1990-0318-046, Fotograf: Klaus Oberst
Berlin, Volkskammerwahl, vorläufiges Endergebnis. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-1990-0319-001, Fotograf: Peter Koard

In den frühen Morgenstunden des 19. März 1990 gibt die Vorsitzende der Zentralen Wahlkommission, Petra Bläss (2.v.l.), im Wahlstudio des Deutschen Fernsehfunks das vorläufige Endergebnis der Volkskammerwahlen bekannt.

Bundesarchiv, Bild 183-1990-0319-001, Fotograf: Peter Koard
Berlin, Volkskammerwahl, amtliches Endergebnis. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-1990-0323-025, Fotograf: Peter Grimm

Am 23. März 1990 wird das amtliche Endergebnis auf einer internationalen Pressekonferenz bekannt gegeben.

Bundesarchiv, Bild 183-1990-0323-025, Fotograf: Peter Grimm

Bekanntmachung der Wahlkommission der DDR zur Volkskammerwahl 1990.

Bibliothek Bundesstiftung Aufarbeitung, Plakat 60053

Insgesamt treten 24 Parteien, Listenverbindungen und politische Vereinigungen zur Wahl an.
Collage aus Flugblättern.

Bibliothek Bundesstiftung Aufarbeitung
Berlin, Volkskammerwahl, Druck SPD-Wahlplakate. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-1990-0221-016, Fotograf: Hubert Link

Das Druckkombinat Berlin in der Reinhold-Huhn-Straße steht allen Parteien und Bewegungen zur Herstellung von Werbematerial offen.

Bundesarchiv, Bild 183-1990-0221-016, Fotograf: Hubert Link
Neubrandenburg, Volkskammerwahl, Bau Wahlkabinen. Quelle: Bild 183-1990-0308-001, Fotograf: Benno Bartocha

Im Vorfeld der Wahlen gehen bei den Handwerksbetrieben massenweise Bestellungen für Wahlkabinen ein. In einem kleinen Betrieb in Lychen (Kreis Templin) werden über 200 Wahlkabinen angefordert. Trotz unermüdlicher Arbeit können die 13 Mitarbeiter nicht alle Bestellungen realisieren.

Bundesarchiv, Bild 183-1990-0308-001, Fotograf: Benno Bartocha

Von 12.426.443 Wahlberechtigten in der DDR und Ost-Berlin geben 11.604.418 ihre Stimme ab. Davon sind 11.541.55 Stimmen gültig. Das entspricht einer Wahlbeteiligung von 93,4 %.

Bundesregierung/Lehnartz

Stimmabgabe am 18. März 1990 in einem Wahllokal im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg.

Bundesregierung/Lehnartz
Berlin, Volkskammerwahl, Stimmauszählung. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-1990-0318-038, Fotograf: Thomas Uhlemann

Die Stimmauszählung am 18. März 1990 findet wie überall auch im Wahllokal Berlin Mitte (Stimmbezirk 029) öffentlich statt. An dem historischen Akt in der Volksbühne nehmen auch zwei Vertreter des Europäischen Parlaments teil.

Bundesarchiv, Bild 183-1990-0318-038, Fotograf: Thomas Uhlemann
Berlin, Volkskammerwahl, Wahlzentrum. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-1990-0318-037, Fotograf: Bernd Settnik

Im Wahlzentrum, das im Palast der Republik seinen Sitz hat, haben sich mehr als 2.400 Journalistinnen und Journalisten versammelt. 50 Fernsehstationen aus aller Welt übertragen das Geschehen bei den ersten freien Wahlen am 18. März 1990 in der DDR.

Bundesarchiv, Bild 183-1990-0318-037, Fotograf: Bernd Settnik
Berlin, Volkskammerwahl, Lothar de Maizière. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-1990-0318-046, Fotograf: Klaus Oberst

Nach den ersten Hochrechnungen am Abend des 18. März 1990 ist klar, dass die „Allianz für Deutschland“ als Sieger aus der Wahl hervorgeht. Spitzenkandidat und Vorsitzender der CDU, Lothar de Maizière, hält die Finger zum Victory-Zeichen ("V") gespreizt.

Bundesarchiv, Bild 183-1990-0318-046, Fotograf: Klaus Oberst
Berlin, Volkskammerwahl, vorläufiges Endergebnis. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-1990-0319-001, Fotograf: Peter Koard

In den frühen Morgenstunden des 19. März 1990 gibt die Vorsitzende der Zentralen Wahlkommission, Petra Bläss (2.v.l.), im Wahlstudio des Deutschen Fernsehfunks das vorläufige Endergebnis der Volkskammerwahlen bekannt.

Bundesarchiv, Bild 183-1990-0319-001, Fotograf: Peter Koard
Berlin, Volkskammerwahl, amtliches Endergebnis. Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-1990-0323-025, Fotograf: Peter Grimm

Am 23. März 1990 wird das amtliche Endergebnis auf einer internationalen Pressekonferenz bekannt gegeben.

Bundesarchiv, Bild 183-1990-0323-025, Fotograf: Peter Grimm
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Die DDR-Fernsehsendung "Aktuelle Kamera" berichtet am 18. März 1990 über die Auszählung der Stimmen bei der Volkskammerwahl.

Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv

Am Wahlabend des 18. März 1990 äußert sich der Schriftsteller Stefan Heym in einer DDR-Fernsehsendung zum Ausgang der Volkskammerwahlen.

Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv

DDR Fernsehsendung "Aktuelle Kamera" zur Volkskammerwahl in der DDR am 18. März 1990.

Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv

An der ersten demokratisch organisierten Volkskammerwahl in der DDR beteiligen sich am 18. März 1990
93,4 % der Wahlberechtigten. Gewinner ist, entgegen den allgemeinen Erwartungen, die „Allianz für Deutschland“ mit einem Stimmenanteil von 56,1 %. Als zweistärkste Kraft erhält die SPD 21,9 %. Auf dem dritten Rang folgt die PDS mit 16,4 % Stimmenanteil. Die eigentlichen Initiatoren der Friedlichen Revolution erzielen lediglich 2,9 % der abgegebenen Stimmen. Damit spricht sich die eindeutige Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger für eine möglichst rasche Vereinigung der DDR mit der Bundesrepublik aus. Die Haltung der Parteien zur deutschen Einheit hatte sich als wahlentscheidend erwiesen.

Thomas de Maizière, 1990 Aufbau des Amtes des Ministerpräsidenten der DDR und Mitglied der Verhandlungsdelegation für den deutsch-deutschen Einigungsvertrag, zu den Volkskammerwahlen.

© "Von der Revolution zum Regieren", ein Projekt des Institut für angewandte Geschichte e.V., gefördert von der Bundesstiftung Aufarbeitung, 2018-2019

Lothar de Maizière über die Volkskammerwahlen

Heimatfilm GbR, 2009

Im Interview erinnert sich Udo Bartsch an die Wahlparty der Ost-CDU am Abend des 18. März 1990 als das konservative Bündnis "Allianz für Deutschland" als klarer Sieger aus den ersten freien Volkskammerwahlen hervorgeht.

Bundesstiftung Aufarbeitung, 2015

Peter-Michael Diestel über den Wahlkampf und die Volkskammerwahl vom 18. März 1990

Heimatfilm GbR, 2009

Markus Meckel über die Gründe für den Wahlsieg der Allianz für Deutschland

Heimatfilm GbR, 2009

Dorothee Wilms, Bundesministerin für Innerdeutsche Beziehungen, erinnert sich im Interview an ihre Wahlkampfunterstützung für das Bündnis "Allianz für Deutschland" im Frühjahr 1990 und bewertet den Ausgang der Volkskammerwahl.

Bundesstiftung Aufarbeitung, 2015

Rudolf Seiters, ehemaliger Chef des Bundeskanzleramtes unter Helmut Kohl, erinnert sich im Interview an die bundesdeutsche Wahlkampfhilfe im Zuge der ersten freien Volkskammerwahlen am 18. März in der DDR.

Bundesstiftung Aufarbeitung, 2015
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